Montag, 28. Juli 2025

Ni más ni menos

Ich schreibe gerade sehr wenig. Im Grunde habe ich nie viel geschrieben, nie diese notorischen Vielschreiber verstanden, die von Text zu Text, von Werk zu Werk hetzen, sich jeden verdammten Tag zur selben Stunde vor den Schreibtisch begeben, das Dokument öffnen, so als hätten sie gar keine Angst vor dem falschen Wort, dem leeren Blatt, dem Scheitern, dem Verlust der Muse, dem Zweifel, ob sie jemals wirklich da war.

Ich dagegen habe immer Angst, kann gar nicht ohne sie schreiben – die Möglichkeit, das Gefühl, das vielleicht doch alles Quatsch ist, womöglich falsch, dumm, zumindest nicht gut genug (für wen eigentlich?), dieses Unbehagen verlässt mich nie wirklich; ich muss der Angst immer wieder trotzen, sie ständig überwinden, oder immerhin kontrollieren, wie der Hulk seine Wut, um zumindest hin und wieder etwas zu Papier zu bringen, das sich zumindest im Moment als richtig und wichtig angefühlt hat, bevor ich es kritisch gegenlese und hinter die Lücken sehe, die ich setze. Entsetzliche, wundervolle Lücken.

Doch, wenn ich ganz offen bin, gibt es noch einen zweiten Grund, warum ich wenig schreibe: weil ich es, trotz allem, sehr gerne tue. Und alles, was ich gerne tue, mache ich gefühlt zu selten. Vielleicht unbewusst, vielleicht bewusst, natürlich auch, weil ich faul bin (ehrlich faul, nicht bloß kokettierend, wie Borges). Vielleicht liegt etwas Liebe in der Faulheit, womöglich wieder eine Furcht, doch nicht ganz unberechtigt, es ist eine weitere Angst, die bloße Möglichkeit, mir den furchtbaren Genuss am Schreiben zu vermiesen, wenn es zur lieblosen Pflicht, zur alltäglichen Gewohnheit, schlimmer noch: zur einsamen Sucht wird.

Jemand hat mal auf die Frage, wofür er sich entscheiden würde, wenn er bis ans Lebensende nur noch eine Speise essen könnte, geantwortet: Ganz einfach, Polenta. Auf die Frage nach dem Warum, sagte er, Polenta mag ich jetzt schon nicht; lieber esse ich etwas, was ich ohnehin nicht leiden kann, als mir mein Lieblingsessen zu zerstören, weil ich es jeden Tag bekomme.

Die beste, exklusivste Speise verliert ihren Reiz, wenn ich sie täglich vorgesetzt kriege, irgendwann wird sie mir banal, vielleicht sogar unerträglich – und so verhält es sich mit allen Genüssen. Genieße, tue ich etwas tagtäglich, ohne Abstände, ohne Mut zur Lücke, verliert die Sache seine Besonderheit – und das ist, neben allen anderen, vielleicht meine größte Angst. Deshalb schreibe wenig, zu wenig vielleicht. Aber nie zu viel.