Letzte Nacht träumte ich mich zurück in den Dienstanzug: Ich stehe
im Prunksaal an der Ostseite, draußen, vor dem Türbereich, um passierende PKW-
und Radfahrer aufzuhalten und ihnen die obligate Maut abzuverlangen. Mein
nächster Kollege, ein bärtiger Hüne mit polierter Spiegelglatze, steht zufrieden und entspannt wie ein Buddhabauch bei der Treppe; ein kurzer Blick von mir auf seinen silberschwarzen Bart, und schon ist es passiert, schon ist alles zu viel, geht der Blick überfordert zurück, komme ich den Autokolonnen kaum noch hinterher mit den Kontrollen.
Schließlich stoppe ich drei Radtouristen auf
ihrer Weiterfahrt in den Süden und erkläre ihnen das bekannte Mautsystem. Sie
sehen einander an, nachdenklich, skeptisch, abwägend, ob sie nicht vielleicht verhandeln
könnten, oder, ganz offen, auf die Maut verzichten. Mit angemessener
Höflichkeit und Strenge entgegne ich, die Maut sei ohnehin eine geringe und Ausnahmen
beschädigen die Regel. Die Radfahrer zögern. Im Hintergrund zieht ein Dutzend
PKWs vorbei. Schließlich geben sie nach, die junge Dame unter ihnen reicht mir
ihre Kreditkarte, ich nehme sie an mich und erfasse den Code mit meinem
elektrischen Handscanner – in dem Moment trifft mich der Schlag; gefrierkalte,
blaue Blitze zucken aus dem Scanner, springen auf mich über, elektrisieren
Nerven, Haare, ziehen wellenförmig über den dunklen Dienstanzug. Geladen und
zitternd reiche ich der Dame die Karte zurück, berühre sie versehentlich mit einer
Fingerkuppe, sie kippt zu Boden. Ich drehe mich zu den schockierten
Radkollegen, will sie beruhigen, berühre sie versehentlich an den Schultern, sie
kippen zu Boden.
Regungslos liegen alle drei neben der Straße, der
unkontrollierbare, der unaufhaltsame Verkehr zieht tosend vorüber, ich drehe mich
blitzartig um und starre verzweifelt zum Kollegen an der Treppe; völlig entspannt
streichelt er seinen silberschwarzen Bart und grinst gelassen vor sich hin,
während ich weiter unter Strom stehe.