Dienstag, 28. Juni 2016

Relationen (III)

Ein Autor, der nicht publiziert, ist wie ein Fußballer, der nie spielt.

Donnerstag, 23. Juni 2016

Talent (geringfügig)

Schlimmer als kein Talent zu haben, ist nur, wenig Talent zu haben. Wer kein Talent in einer Sache hat, der nimmt sich ihrer gar nicht erst an. Doch wer, so wie ich, wenig Talent im Schreiben hat, der versucht es immer wieder, nur um jedes Mal aufs Neue an seine engen Grenzen zu stoßen. Während der wenig Talentierte sich an jeden Strohhalm klammert, verhöhnen ihn alle extrem Talentierten und verlachen seine beschränkte Sprache, die so ausgetragene Floskeln verwendet wie „sich an Strohhalme klammern“. Sie tun es natürlich nicht direkt, sondern über den Umweg ihres Erfolges, der dem wenig Talentierten immer wieder in die offene Wunde des Scheiterns gedrückt wird.

Der wenig Talentierte erhält nämlich nicht nur Absagen und Ablehnung für sein beschränktes Bemühen, er erfährt auch, wer statt ihm die Lorbeeren erhalten hat. Und das ist vermutlich die schlimmste Strafe des wenigen Talentes. Während ein Talentloser sich dem konkurrierenden Gesamtfeld bewusst entzieht, ist der wenig Talentierte in seiner Unterlegenheit gegenüber den reich Talentierten nicht nur mit seinem Scheitern konfrontiert, sondern auch mit dem Wissen, welcher hochtalentierten Gruppierung er niemals nahe kommen wird.

Es wäre vielleicht Zeit, mir einzugestehen, dass ich insgeheim weiß, wo mein Platz ist, dass ich durchschnittlich schaffe, durchschnittlich schlafe und durchschnittlich lebe. Vermutlich genügte das auch, um in einem durchschnittlichen Dasein zu einem  bescheidenen Glück zu finden. Doch dann wiederum sind da diese winzig kleinen, hässlichen Talentausschläge, die mich immer wieder jucken, irritieren und nicht weggehen wollen. Sie tun nicht sehr weh, sie töten nicht, sie sehen bloß peinlich aus.

Und während ich meine talentierten Irritationen weiter kratze und es nur noch schlimmer mache, komme ich nicht umhin, die wunderbare Reinheit der makellosen Ganzkörpertalente zu bestaunen, die mir auf so schmerzliche Weise unerreichbar scheint.

Sonntag, 12. Juni 2016

Nicht überzeugt

Ich bin nicht überzeugt. Weder von diesem Satz, noch von sonst irgendwas. Wie kann ich schreiben, wenn ich keine Überzeugungen habe? Wie kann ich keine Überzeugungen haben, wenn ich doch so gerne verurteile? Zum Beispiel Menschen, die einen Blog erzeugen, um darin ihre Mode-, Garten- oder Nahrungsvorlieben einem breiten Publikum vorzustellen. Wie kann man schon im Vorhinein davon ausgehen, dass jemand diese Vorlieben teilt? Vermutlich müsste man davon überzeugt sein.

Manchmal glaube ich, alle Menschen sind von irgendetwas überzeugt; nur ich nicht. Ich verstehe nicht, wie man ehrlich und standhaft überzeugt sein kann. Ich verstehe nicht, wie man überzeugte Meinungen und Interessen festigen und erhalten kann, wenn man auch nur ein wenig länger und intensiver über sie nachdenkt. Eine Überzeugung ist für mich wie ein Ausstellungsobjekt, bei dem der Alarm losgeht, sobald man es berührt. Einfach nicht fassbar.

Wäre ich zumindest vom Schreiben überzeugt, müsste ich nicht die überwiegende Schreibzeit damit verbringen, mir etwas zu überlegen, das ich statt dem Schreiben tun könnte, weil ich nicht davon überzeugt bin, zu mehr als einem guten Satz zu finden, bevor ich den Stift abgebe. Ich denke dreimal die Woche, ich sollte das Schreiben überhaupt sein lassen und endlich etwas Erbauliches lernen, wovon ich sicher und in Ruhe leben kann.

Aber auch hiervon bin ich nicht überzeugt.

Freitag, 3. Juni 2016

Teilzeitambitionen

Ich bin es müde, von mir zu schreiben. Ich tue es, weil ich kaum Menschen kenne und weil es so viel einfacher ist, als sich fundierte Charaktere auszudenken und kohärente Texte zu verfassen. Von mir zu schreiben geht immerhin schnell und wirkt spontan, authentisch, obwohl es das natürlich nicht sein kann. Kein Text ist authentisch, weder handgeschrieben, noch gedruckt, weil im Moment der Niederschrift bereits die Distanzierung vom "echten" Leben erfolgt, genau so weit von der Wahrheit entfernt, wie die Hand vom Kopf. 

Ich schreibe, obwohl - oder gerade weil - ich keinen Grund dazu habe. Ich bin ein austauschbares Mitglied der Generation Prekär, zu ambitioniert für einen sicheren, austauschbaren Alltag, zu ängstlich und inkonsequent für die Ausformung meiner galanten, imaginären Lebensentwürfe. Ich brauche das Schreiben und ich brauche einen Job. Ich weiß nicht, wie beides geht, also mache ich nichts davon. Ich stecke im kaputten Fahrstuhl der Unentschlossenheit und niemand kommt, weil ich den Notschalter nicht betätige; bewusst nicht betätige.

Ich leide unter meiner jungen Arroganz, keinen Vollzeitjob zu wollen, der mich vielleicht endlich als Teil der Gesellschaft akzeptieren würde, statt mich ernsthaft zu ignorieren. Denn wer nicht Vollzeit arbeitet, wird nicht für voll genommen. Ich sitze an meinem Schreibtisch, tippe diese Zeilen und bin dabei arbeitslos. Ich verabscheue diese generische Bezeichnung, die sich wie ein Brandmal ins Fleisch prägt und nicht weggeht. Es gibt keinen schlimmeren Beruf, als sich einen Beruf suchen zu müssen.

Ich möchte, ich brauche eine Arbeit, die sich mit dem Schreiben vereinbaren lässt. Ein Teilzeitmodell, das meine Teilzeitambitionen trägt. Das mir einen Rhythmus schafft, den ich noch nicht gefunden habe. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass ich vollkommen unmusikalisch bin. Vielleicht bin ich unfähig, einen wohlklingenden Lebensrhythmus zu schaffen, weil ich nicht einmal sagen kann, wie dessen Noten aussähen.

Ich bin ein dissonanter Zwischenton, der nicht ins Ohr findet.

Mittwoch, 1. Juni 2016

Relationen (II)

Lieber blind, als zu wissen, dass nichts in Sicht ist.