Schlimmer als kein Talent zu haben, ist nur, wenig Talent zu
haben. Wer kein Talent in einer Sache hat, der nimmt sich ihrer gar nicht erst an.
Doch wer, so wie ich, wenig Talent im Schreiben hat, der versucht es immer
wieder, nur um jedes Mal aufs Neue an seine engen Grenzen zu stoßen. Während der
wenig Talentierte sich an jeden Strohhalm klammert, verhöhnen ihn alle extrem
Talentierten und verlachen seine beschränkte Sprache, die so ausgetragene
Floskeln verwendet wie „sich an Strohhalme klammern“. Sie tun es natürlich
nicht direkt, sondern über den Umweg ihres Erfolges, der dem wenig Talentierten
immer wieder in die offene Wunde des Scheiterns gedrückt wird.
Der wenig Talentierte erhält nämlich nicht nur Absagen und Ablehnung für
sein beschränktes Bemühen, er erfährt auch, wer statt ihm die Lorbeeren erhalten hat. Und das ist vermutlich die
schlimmste Strafe des wenigen Talentes. Während ein Talentloser sich dem
konkurrierenden Gesamtfeld bewusst entzieht, ist der wenig Talentierte in seiner
Unterlegenheit gegenüber den reich Talentierten nicht nur mit seinem Scheitern
konfrontiert, sondern auch mit dem Wissen, welcher hochtalentierten Gruppierung
er niemals nahe kommen wird.
Es wäre vielleicht Zeit, mir einzugestehen, dass ich
insgeheim weiß, wo mein Platz ist, dass ich durchschnittlich schaffe,
durchschnittlich schlafe und durchschnittlich lebe. Vermutlich genügte das auch, um
in einem durchschnittlichen Dasein zu einem bescheidenen Glück zu finden. Doch dann
wiederum sind da diese winzig kleinen, hässlichen Talentausschläge, die mich
immer wieder jucken, irritieren und nicht weggehen wollen. Sie tun nicht sehr weh, sie
töten nicht, sie sehen bloß peinlich aus.