Sonntag, 12. Juni 2016

Nicht überzeugt

Ich bin nicht überzeugt. Weder von diesem Satz, noch von sonst irgendwas. Wie kann ich schreiben, wenn ich keine Überzeugungen habe? Wie kann ich keine Überzeugungen haben, wenn ich doch so gerne verurteile? Zum Beispiel Menschen, die einen Blog erzeugen, um darin ihre Mode-, Garten- oder Nahrungsvorlieben einem breiten Publikum vorzustellen. Wie kann man schon im Vorhinein davon ausgehen, dass jemand diese Vorlieben teilt? Vermutlich müsste man davon überzeugt sein.

Manchmal glaube ich, alle Menschen sind von irgendetwas überzeugt; nur ich nicht. Ich verstehe nicht, wie man ehrlich und standhaft überzeugt sein kann. Ich verstehe nicht, wie man überzeugte Meinungen und Interessen festigen und erhalten kann, wenn man auch nur ein wenig länger und intensiver über sie nachdenkt. Eine Überzeugung ist für mich wie ein Ausstellungsobjekt, bei dem der Alarm losgeht, sobald man es berührt. Einfach nicht fassbar.

Wäre ich zumindest vom Schreiben überzeugt, müsste ich nicht die überwiegende Schreibzeit damit verbringen, mir etwas zu überlegen, das ich statt dem Schreiben tun könnte, weil ich nicht davon überzeugt bin, zu mehr als einem guten Satz zu finden, bevor ich den Stift abgebe. Ich denke dreimal die Woche, ich sollte das Schreiben überhaupt sein lassen und endlich etwas Erbauliches lernen, wovon ich sicher und in Ruhe leben kann.

Aber auch hiervon bin ich nicht überzeugt.