Heute arbeite ich erst abends, bin tagsüber hinaus, ein
Spaziergang in die nackte Sonne, zu wenig Wind, aber zwischen dem Schweiß
wieder so ein Moment, ein Bild, das hängen bleibt: Ich gehe über einen ausgebrannten
Zebrastreifen Richtung Währinger Park, als mir eine junge Frau und ein junger
Mann entgegen kommen; ich blicke hinüber zum jungen Mann und sehe, er hat einen
Armstumpf, sein linker Arm endet kurz nach dem Ellbogen, und da, in dieser
verkürzten Beuge, trägt er einen Karton Himbeeren. Er passt perfekt in die
Beuge, der kleine Karton, es ist beinah, als schwebten die Himbeeren darin,
oder als würde er sie in seinem Stumpf wiegen; sie wackeln nicht, sie fallen
nicht, sie halten sicher.
Und es ist nichts Komisches an diesem Bild, es ist
ein Bild von poetischer, von surrealer Schönheit. Und es zeigt mir, dieses eine kleine Bild, bedeutet mir, dass alles
in der Welt sich vielleicht irgendwo fügt, das alles für jemanden oder für
etwas passt, dass vielleicht sogar ich und meine Worte irgendwo passen, wenn
nicht heute, dann morgen oder nächsten Herbst. Und schon wird die Hitze
erträglicher, der Schweiß ferner, mein Tag klarer und wertvoller. Mit dieser
einen, surreal deutlichen Erkenntnis, ein Armstumpf und ein Karton Himbeeren
können ein perfektes Paar, eine ganz natürliche Symbiose abgeben, fühle ich mich bestätigt, in einem Gefühl, das mir
langsam immer glaubwürdiger erscheint: Ich bin nicht allein. Niemand, nichts
ist so allein auf der Welt, dass nicht irgendwo Etwas wäre, das es ergänzte, es perfekt ausfüllte. Wie ein Karton Himbeeren in verkürzter Armbeuge.