Freitag, 23. Dezember 2016

Unpassende Worte

Die letzten Absagen an meine Textangebote waren ungewohnt freundlich, aufbauend beinah. Aus obligater Formalität sprach durchaus Interesse und Faszination, allein das Bedauern überragte, mein Schreiben passe leider nicht hinein. Es ist, wie ich mich fühle, wenn ich einen Schritt vor die Tür setze – ich passe nicht in das anonyme Treiben auf der Straße, nicht neben die variierenden Kollegen im Dienst. Nirgendwohin. Ich habe ihn noch nicht gefunden, den Ort, an dem ich das Gefühl hätte, in stolzer Haltung und mitsamt meinen präzisen Denkmaßen vollständig hineinzupassen. Wo auch immer ich bin, sehe ich Menschen, die ihrem alltäglichen Handeln seltsam entsprechen, die wirken, als hätten sie schon von Geburt an gewusst, sich einmal im knielangen Faltenmantel vor den Universitätstoren auf die Stufen zu setzen, eine unansehnliche Zigarette zu drehen und dabei die Beine übereinander zu schlagen, um ihre bunten Ringelsocken zu betonen. Als hätten sie schon von Geburt an gewusst, sich nur schwarz zu kleiden, Gitarre zu spielen und sich die Haare bis zum Brustbein wachsen zu lassen, um sie vor dem nächsten Auftritt zum Pferdeschwanz zu knoten. Als hätten sie immer schon gewusst, im weißen Kittel hinter einer Verkaufstheke zu stehen und die gewünschten Tabletten aus einer Lade zu nehmen und lächelnd einen schönen Tag zu wünschen, während die Augen bereits an den Dienstschluss denken. Es ist seltsam, wie, von außen betrachtet, alles in der Welt so unabänderlich ineinander zu greifen scheint und jeder Mensch in seine Aufgabe passt, als gäbe es nur Idealbesetzungen im Schauspiel der Welt. Alle passen in ihre Rolle, bis auf den Fremdkörper, der ihnen bei ihrer stillen Entsprechung zusieht; einen Seitwärtsschritt daneben, gezwungenermaßen, mein Bewusstsein passe leider nicht in ihre Mitte. 

Ich blicke noch einmal auf die letzte Absage und das freundliche Bedauern. Meine Worte sind natürlich unpassend – sie sind von mir verfasst.