Es ist Abend, finster, ich gehe hinaus Richtung Supermarkt,
um mir etwas zu kaufen, das ich nicht brauche. Ich hätte in der wohlig warmen Wohnung
bleiben können, stattdessen trete ich auf den seimigen Asphalt, verschmutzt vom
ersten Schnee, und sturer Wind weht mich an, verfolgt mich, als hätte er einen Grund. Die Marktstände am Eck schließen
langsam, bauen ihre Regheit ab, ich stapfe vorbei an den zahllosen Verkäufern und
Marktschreiern, die immer wirken, als steckten sie mitten in einer Plansequenz, die immer gerade irgendetwas
tragen, schieben oder abstellen, und hier und da steht ein dunkelhäutiger Junge
zwischen den Ständen, steht da und blickt mich stumm an, sonst nichts; ich gehe
weiter und friere, wie immer, wenn es kalt ist.
Im Supermarkt ist wenig bis nichts los, bald stehe ich
mit meinen wenigen Zufallsprodukten an der Kasse, vor mir nur ein gebückter Mann in
schwarzer Jacke, er zahlt für eine einzelne, grelle Discounterdose, sonst
nichts. Der Verkäufer nimmt das Geld entgegen, blickt dabei prüfend auf
die ausgestellte, schwarze Jacke, fragt den Mann, was er da hat. Die schwarze
Jacke versucht müde abzublocken, doch der Verkäufer hat die Hand bereits am Stoff,
zerrt an der Seite, erkennt sofort den Inhalt und seufzt vor Enttäuschung. Dem
Ertappten entfliehen beschämte, leise Sprachfetzen, ein gebrochenes „Hunger“,
„Essen“, der Verkäufer hält ihn weiter fest, schiebt ihn dann genervt zur Seite
und nimmt meine Ware auf; ich halte die Münzen schon bereit, zahle auf den Cent
genau.
Im Abgehen drehe ich mich noch einmal zurück, noch einmal zu
der schwarzen Jacke, dem traurigen, furchenreichen Gesicht, und ich komme nicht um
einen mitleidsvollen Gedanken herum, male mir im Kopf die lange Kette an Konsequenzen
aus. Mein Blick kreuzt den des Kassiers, er sieht mich aufmerksam an. Ich
zögere, zittere, dann frage ich langsam, was er denn eingesteckt hat, ob es
teuer sei. Der Kassier versteht sofort, er schüttelt sanft den Kopf, es gehe eben
nicht darum, erklärt er mir mit feinem, südländischen Akzent, wenn der Kerl nur etwas zu essen
wollte, würde er ihm selbst das Geld stellen, aus eigener Tasche; doch wenn jemand
Woche für Woche für fünfzig Euro stielt, dann fühlt man sich irgendwann einfach
verarscht. Sagt der junge Kassier in aller Ruhe, während er bereits die nächste
Kundschaft bedient.